Freundschaften begleiten uns von der frühen Kindheit bis ins hohe Alter und sind für uns Menschen in fast jeder Lebensphase ein zentrales Thema.
Freundschaft ist schön und wichtig, aber auch immer wieder schwierig und anstrengend. Viele Eltern erleben im Verlauf der Schulzeit ihrer Kinder, dass sich Kinderfreundschaften auflösen, verändern, dass sich das eigene Kind ausgeschlossen fühlt oder ständig in Streit verwickelt ist, oder die Eltern empfinden ein*e Freund*in des Kindes als schlechten Einfluss.
Ein Kind auf seinem Weg in, durch und mit Freundschaften zu begleiten, ist eine grosse Aufgabe, die Eltern immer wieder vor Herausforderungen stellt.
Immer wieder neu definieren
Das Verständnis von Freundschaft, also die individuelle Definition davon, wird im Verlauf der Kindheit und des Jugendalters immer wieder verändert und erneuert. Dazu wurden in der Entwicklungspsychologie Stufen des Freundschaftskonzeptes (nach Selman) entwickelt.
Bereits sehr kleine Kinder können Beziehungen eingehen, die wir Erwachsenen als Freundschaft bezeichnen. Jedoch ist bei den kleinen Kindern die enge Freundschaft eine momentane Interaktion, die noch nicht viel mit der Persönlichkeit des Gegenübers zu tun hat, sondern eher von Faktoren abhängt wie der Nähe des Wohnorts oder dem Interesse an denselben Spielsachen.
Später, zwischen vier und neun Jahren ist es massgebend für Freundschaften, dass die jeweils andere Person weiss, was man bspw. gerne spielt oder isst. In den Stufen des Freundschaftskonzepts wird davon gesprochen, dass Freundschaften in diesem Alter oft einseitig sind, und immer wieder ein Kind (nicht unbedingt immer das gleiche) das tun muss, was das andere möchte. Zwischen sechs und zwölf Jahren spielen die verschiedenen Persönlichkeitsmerkmale eine wesentliche Rolle, die Kinder können sich in das jeweils andere einfühlen und wissen, dass ihre Wünsche und Absichten übereinstimmen müssen. Jedoch ist das diese Phase, in welcher Kinder bei Nicht-Übereinstimmung sofort "keine Freunde mehr" sind und nach Beendigung des Streits wieder ganz eng befreundet sein können.
Zwischen neun und fünfzehn Jahren stellt sich dann das Freundschaftskonzept ein, bei dem die Beziehung an sich im Mittelpunkt steht und die Freundschaft auf Dauer ausgelegt ist und Höhen und Tiefen überdauert.
Die Entwicklung dieser Konzepte läuft fliessend als Prozess und bei jedem Kind in einer anderen Geschwindigkeit. Ich persönlich finde es ganz wichtig, dass wir Erwachsenen uns bewusst sind, wie intensiv sich unsere Kinder über Jahre mit dem Thema auseinandersetzen und wie schnell ihre Entwicklung dabei abläuft.
Freundschaften sind einfach schön!
Du weisst es wahrscheinlich aus eigener Erfahrung: Freundschaften stärken, schaffen Zugehörigkeit und öffnen uns neue Türen.
Ein Kind traut sich mit einem Freund oder einer Freundin meistens mehr zu, weil es sich sicherer und unterstützt fühlt, und mit Freund*innen Spass zu haben ist unheimlich wichtig für die psychische Gesundheit.
Freundschaften stärken das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein, sie geben Orientierung, unterstützen die Entwicklung und stärken die Identität.
In der Kindheit werden Freundschaften mit den Jahren immer wichtiger und ermöglichen beispielsweise im Jugendalter besser die Ablösung von den Eltern. Alles in allem ist es also einfach nur wunderbar, wenn dein Kind Freund*innen hat!
Allerdings brauchen Kinder Unterstützung, um Freundschaften aufzubauen, zu pflegen und am Laufen zu halten. Sie benötigen Modelle, also Vorbilder, die ihnen die Freundschaftspflege vorleben, und manchmal auch Anleitung oder Aufsicht. Dies kann teilweise von anderen Gleichaltrigen, älteren Geschwistern oder grösseren Schulkindern übernommen werden, oft aber spielen auch die Eltern eine wichtige Rolle dabei.
Herausforderungen
Oh, wie blutet einem Elternteil das Herz, wenn die Tochter unter Tränen erzählt, dass eine Freundin ihr die Freundschaft gekündigt habe, oder wenn der Sohn weinend berichtet, dass er plötzlich nie mehr beim Spielen mit dabei sein dürfe! Wie schwierig es ist, wenn man sein eigenes Kind kaum wiedererkennt, wenn es mit Freund x oder Freundin y zusammen ist und dabei den Eltern ganz fremde Seiten von sich zeigt.
Sich mit anderen Leuten und in verschiedenen sozialen Gefügen zurecht zu finden, ist für Kinder jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung. Wir Menschen möchten dazugehören, geben unsere Gefühle preis und verlassen uns aufeinander - das soll und muss so sein, es gehört zum Mensch sein dazu. Aber in den komplexen Beziehungen, die beispielsweise innerhalb einer Klasse oder eines Schulhauses zu finden sind, gibt es immer wieder Reibereien, Missverständnisse, Ab- und Ausgrenzungen und Streit. Die Kinder sind gefordert, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu spüren, empathisch mit anderen zu sein und sich für die verschiedenen Freundschaften angemessene Kommunikationsmuster anzueignen. Was mit der einen Freundin toll funktioniert, führt beim anderen Freund immer wieder zu Streit. Wie nah soll und will man sich sein, welche Rolle spielt die Eifersucht, welche "Rechte und Pflichten" hat man als Freund*in? Solche Fragen treiben Kinder um und sie finden im Lauf ihrer Entwicklung immer wieder neue Antworten darauf.
Als Eltern unterstützen
Als Elternteil kannst du dein Kind in seinen Erfahrungen mit Freundschaften unterstützen. Hier liste ich dir Möglichkeiten auf, wie du dein Kind generell und bei Problemen in Freundschaften begleiten und ihm helfen kannst.
Generell:
- Möglichkeit zum Kontakt geben. Ermögliche deinem Kind, andere Kinder zu treffen, und vor allem auch jene Kinder zu treffen, die es sympathisch findet.
- Vorbild sein. Lebe deinem Kind wertschätzende Freundschaften vor. Sprich mit deinem Kind altersadäquat darüber, wie du selbst schöne Freundschaften als Kind erlebt hast, was ihr Lustiges unternommen habt, wie du jetzt deine Freundschaften positiv gestaltest. Nicht als Lehrstunde für das Kind, aber als spannendes Beispiel.
- Wenn dein Kind Bedarf an Inputs hat, weil es beispielsweise mit Karl spielen möchte, aber nicht so genau weiss, wie es fragen soll, mach ihm Vorschläge. Dein Kind muss sie aber nicht umsetzen.
- Sprich Gefühle an, die du bei deinem Kind wahrnimmst, und zwar positive und negative. Beispiel: "Gell, das hat dich heute richtig gefreut, dass Jamila dir ihr Freundebuch gegeben hat!", wenn dein Kind freudestrahlend mit dem Buch nach Hause gekommen ist. Oder "Oh, das hat dich frustriert, dass Milla heute ohne dich mit den Puppen gespielt hat", wenn dein Kind genervt erzählt, dass es bei den Puppen nicht mehr mitspielen konnte. Es muss keine grosse Sache daraus gemacht werden, aber es ist gut, wenn dein Kind lernt, dass verschiedene Gefühle einfach zu Freundschaft gehören.
- Führe philosophische Gespräche über Freundschaft mit deinem Kind. Bspw. sagen Mädchen der 1.-4. Klasse oft, ein anderes Mädchen nehme ihr ihre Freundin weg. Kann man jemandem einen Menschen wegnehmen? Gehört mir ein*e Freund*in? Dabei darfst du einfach interessiert sein, wie dein Kind die Welt sieht, und ihm sagen, wie du die Welt siehst - ohne darauf zu bestehen, dass deine Sicht die richtige ist.
- Gib deinem Kind die Möglichkeit, Freundschaftserfahrungen nachzuspielen. Indem dein Kind in jedem Alter frei spielen darf und Figuren, Puppen oder Spieltiere zur Verfügung hat, kann es schöne, schlechte, verwirrende und lustige Momente mit Freund*innen spielerisch verarbeiten oder sogar neue Möglichkeiten (der Kontaktaufnahme, der Freundschaftspflege, der gemeinsamen Kommunikation) proben, die es danach anwendet.
- Hilf deinem Kind immer wieder dabei, herauszufinden, welche Bedürfnisse es hat, und wie es auf freundliche und angenehme Art für seine Bedürfnisse einstehen kann.
Bei Problemen:
- Nimm dein Kind in seinen Gefühlen ernst und zeig Verständnis für seine Gefühle, ohne dabei das andere Kind oder die anderen Kinder schlecht zu machen. Deine Anteilnahme und deine emotionale Unterstützung helfen deinem Kind - wenn du schlecht über jemand anderes sprichst, ist deinem Kind nicht geholfen.
- Ermutige dein Kind, mit anderen zu spielen oder in Kontakt zu kommen, wenn du eine gewisse Freundschaft als nicht förderlich wahrnimmst, weil es bspw. dauernd Streit gibt. Bitte verbiete deinem Kind nicht, mit einem bestimmten anderen zu spielen, denn so kommt es nur in einen Loyalitätskonflikt. Wenn du aber vorschlägst, am Wochenende mal Elenor einzuladen, und auf diese Weise eine Kontaktmöglichkeit schaffst, können vom Kind ganz unbemerkt neue Freundschaften entstehen, wobei die andere, von dir als schwierig empfundene, weniger Gewicht hat.
- Versuche zu verstehen, bei welchen Aktivitäten oft Streit entsteht und bei welchen es gut läuft. Geraten zwei Jungs in der ersten Klasse beispielsweise immer aneinander, wenn sie draussen zusammen spielen, kannst du Spielsequenzen drinnen fördern.
- Akzeptiere die Freundschaften deines Kindes und akzeptiere dein Kind mit all seinen verschiedenen Seiten.
- Ermögliche es deinem Kind und ermutige es dazu, auch ausserhalb der Klasse/Schule Freundschaften zu knüpfen - in einem Sportverein, bei den Pfadfindern und so weiter. Wenn dein Kind sich dann in der Klasse mal etwas einsam fühlt, hat es immer noch andere Freund*innen, auf die zählen kann.
- Gib deinem Kind bei Schwierigkeiten in Freundschaften erst recht die Möglichkeit zum Freien Spiel - egal, ob dein Kind fünf oder zehn Jahre alt ist. Vielleicht spielst du sogar mal mit ihm mit, sodass ihr spielerisch ausprobieren könnt, welche Möglichkeiten dein Kind in seinen Freundschaften hat.
Wie du dir denken kannst, ist die Liste nicht abschliessend. Aber vielleicht gibt sie dir eine Orientierung, wie du dein Kind begleiten kannst.
Suchst du noch gute Wege, um deinem Kind die Möglichkeit zu geben, sich spielerisch mit seinen Freundschaften auseinanderzusetzen, kann ich dir beispielsweise die Besten Freunde von hanni&fred ans Herz legen! Das sind wahre Freunde, die dein Kind in schwierigen Momenten stärken und in guten Momenten die eigene Freundschaft widerspiegeln. Aber auch Faustzwerge, Blumenkinder und Bascheli-Zwerge sind ideal, um dein Kind zu unterstützen.
Ich hoffe, dein Kind darf viele schöne Freundschaftserfahrungen machen und stetig an seinem ganz persönlichen Freundschaftsverständnis feilen.
Ich wünsche dir viel Freude dabei, dein Kind auf seinem Weg als Freund*in zu begleiten und freue mich, wenn auch Produkte von hanni&fred mit auf dem Weg sein dürfen!
Herzliche Grüsse
Flurina
Flurina ist Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin und zweifache Mutter. Als Schulsozialarbeiterin ist sie täglich in Kontakt mit Freundschaften zwischen Kindern und unterstützt sie bei Konflikten und Schwierigkeiten.